perspektivwechsel:

der rechtspolitische salon

Diskussionsreihe zu aktuellen Themen der Rechtspolitik

ab september 22

TERMIN 26.03. WEGEN KRANKHEIT ABESAGT

klimanotstandklimanötigung

Zur strafrechtlichen Verfolgung von Klimaaktivist*innen.

Sonntag, 26. März 2023 * 18.00 Uhr

Kantine der taz (tageszeitung), Friedrichstr. 21, 10969 Berlin.

 

Gemeinsame Veranstaltung des RAV (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein), Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen und Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen.

 

zum thema:

Klimakleber, -chaoten, -terroristen, Klima-RAF – die Aufregung über Straßenblockaden durch Klimaaktivist*innen erzeugt immer neue Superlative. Nur Annalena Baerbock dürfte bei den motorisierten Bürger*innen dieses Landes noch unbeliebter sein, als die Aktivist*innen der Letzten Generation und anderer Initiativen, die mit Aktionen zivilen Ungehorsams für Aufsehen sorgen.

Sehr schnell wurde daher auch der Ruf nach einem »härteren Durchgreifen des Rechtsstaates« laut. »Es braucht … eine konsequente Antwort des Rechtsstaates, um dieser sich immer weiter steigernden Radikalisierung entschieden Einhalt zu gebieten«, heißt es bspw. in einem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit dem Titel »Straßenblockierer und Museumsrandalierer härter bestrafen« (Bt-Drs. 20/4310). »Angesichts der zunehmenden Radikalisierung mit immer schwerwiegenderen Eingriffen in einzelne Rechtsgüter bedarf es zu deren Schutz erhöhter Mindeststrafen, insbesondere in Form von Freiheitsstrafen.«

Doch ganz so einfach, wie die Union und andere es sich wünschen, lässt sich das »entschiedene« und »konsequent« »härtere Strafen« nicht umsetzen. Denn auch Sitzblockaden unterliegen dem Schutz der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG. Sie sind, so die berühmte Brokdorf-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1985, »wesentliches Element demokratischer Offenheit« (BVerfGE 5, 85) und genießen den Schutz des Grundgesetzes. Diesen Schutz verlieren Versammlungen erst bei kollektiver Unfriedlichkeit, durch Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder andere Gewalttätigkeiten. Die Aktionen der sog. ›Klima-Terroristen‹ zeichnen sich aber durch Friedfertigkeit aus.

Nicht nur dies unterscheidet die sog. Klima-RAF vom Original. Keineswegs auch trachten die Aktionen der Klimaaktivist*innen nach Abschaffung geltender Herrschaftsverhältnisse durch Volkskrieg und revolutionären Umsturz. Sie können sich – spätestens seit dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts – stattdessen auf Art. 20a des Grundgesetzes berufen und die als Verfassungsziel geurteilte Pflicht zum Schutz von »Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels« (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 – 1 BvR 2656/18 –, BVerfGE 157, 30-177).

So quälen sich die Amtsgerichte durch eine wachsende Anzahl von Verfahren wegen Nötigung gem. § 240 StGB und kommen oft genug zu dem Ergebnis, dass eine Strafbarkeit eben nicht gegeben ist. Damit dürfte sich die Repression gegenüber dem Klimaprotest freilich nicht erledigt haben. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin führt bspw. ein Verfahren gegen Klimaaktivist*innen wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung gem. § 129 StGB. So wenig das Verfahren aus Sicht der Strafverfolgung letztlich erfolgversprechend scheint, so sehr taugt es doch als Ermittlungsinstrument und ist alleine durch die Strafandrohung schon zur Repression geeignet.

Die Veranstaltung will nicht alleine über die strafrechtliche Dimension (Nötigungstatbestände), sondern zugleich auch über die sich möglicherweise aus Art. 20a GG ergebende Rechtfertigung diskutieren.

Es diskutieren:

Rechtsanwalt Dr. Lukas Theune, Berlin
Lea Bonasera, Mitgründerin der Initiative Letzte Generation
Prof. Dr. Johanna Wolff, lehrt öffentliches Recht an der Universität Osnabrück (angefragt)

Moderation: Rechtsanwältin Franziska Nedelmann, Berlin

 

information

Der rechtspolitische Salon ist eine Diskussionsreihe zu Themen der
(Straf-)Rechtspolitik.
Der Salon findet statt in der taz Kantine in Berlin und wird per Livestream für diejenigen übertragen, die nicht vor Ort dabei sein können.

 

 

 

 

vergangene Veranstaltungen:

 

 

Zur Strafbarkeit von
Schwangerschaftsabbrüchen

151 Jahre § 218 StGB

Sonntag, 16. Oktober 2022 * 18.00 – ca. 20.00 Uhr

Es diskutierten:
Valentina Chiofalo, Berlin
Prof. Dr. Ulrike Lembke, Berlin
Lana Saksone, Doctors for Choice / Berlin
Moderation: Thomas Uwer, Berlin

 

50 Jahre Terrorismusverfahren
in Deutschland

Sonntag, 6. November 2022 * 18.00 – ca. 20.00 Uhr

Es diskutierten:
Rechtsanwältin Antonia von der Behrens, Berlin
Rechtsanwältin Edith Lunnebach, Köln
Dr. Anneke Petzsche, Humboldt-Universität Berlin
Moderation: Christian Rath, Korrespondent der taz

 

§ 64 StGB

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Sonntag, 27. November 2022 * 18.00 – ca. 20.00 Uhr

Es diskutierten:
MR Dr. Bernd Moritz Bösert, Bundesministerium der Justiz
Prof. Dr. Helmut Pollähne, Bremen
Dr. Norbert Schalast, forensischer Psychologe Universität Duisburg/Essen
Moderation: Rechtsanwalt Joë Thérond, Osnabrück