die HÄRTE des Rechtsstaats Droht eine Renaissance des starken Staates?

46. Strafverteidigertag – Bochum, 28. – 30. März 2025

die HÄRTE des Rechtsstaats

Droht eine Renaissance des starken Staates?

46. Strafverteidigertag

28. – 30. März 2025  Ruhr Universität Bochum

zum thema  

2024: Nach dem »Sommer der Angst« (Bild) kommt der autoritäre Herbst. Getrieben von den Wahlerfolgen von AfD und BSW setzen auch die bürgerlichen Parteien auf innere Sicherheit – durch Abschottung nach außen, Verschärfungen im Ausländer- und Asylrecht sowie Abschiebungen in Diktaturen und Bürgerkriegsländer. Das Tempo, in dem dies geschieht, lässt nichts gutes auch für den Bereich des Straf- und Strafprozessrechts erahnen. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis der überhitzte Sicherheitsdiskurs sich auch in strafrechtlichen Initiativen niederschlägt und die Forderung nach »schnellem« und »konsequentem« Handeln Gesetzesform annimmt. Dass die seit Jahren geforderten und zuletzt angestoßenen Reformen im Sinne der Beschuldigtenrechte (Einführung der technischen Dokumentation der Hauptverhandlung, gesetzliche Regelung des Einsatzes von V-Personen) überhaupt noch politisch durchsetzbar sind, scheint indessen mehr als fragwürdig. Es droht die ›ganze Härte des Rechtsstaats‹ und damit eine rechtspolitische Eiszeit.

Wenn von der »Härte des Rechtsstaats« die Rede ist, ist es um die Rechtsstaatlichkeit selten gut bestellt. Denn zwar meint der Begriff des ›Rechtsstaates‹ eigentlich die Bindung staatlichen Handelns an Gesetze, nicht deren Abschleifen zugunsten politischer Kampfbegriffe wie »Beschleunigung«, »Effizienz«, »klare Kante« oder »Härte«. In der Regel aber kippt das Verhältnis von staatlichem Verfolgungsinteresse und rechtlicher Bindung der Verfolgungsbehörden immer dann zugunsten des Staates, wenn von der Durchsetzung des Rechtsstaats die Rede geht. An kaum einer anderen Stelle wird dies so offenkundig wie im Strafverfahren, wo es die Aufgabe staatlicher Organe ist, einerseits die Einhaltung von Verfahrensformen zu gewährleisten, die den konkret Beschuldigten und seine Freiheit andererseits vor dem Strafanspruch eben jener Organe schützen. Wird diese Ambivalenz zugunsten schneller Verfahren und harter Strafen aufgelöst, so gerät der Rechtsstaat zum autoritären Staat; bedroht ist nicht nur die Freiheit des Einzelnen (Beschuldigten), sondern diejenige aller.

Arbeitsgruppen

Samstag, 29. März 2025 * 9.00 – 12.30 Uhr & 14.00 – 17.00 Uhr

1 : Ein Jahr KCanG - Chaos, Willkür, Restriktion

Nach jahrelangen rechtspolitischen Auseinandersetzungen hat sich der Gesetzgeber entschieden: Cannabis ist kein BtM mehr. Die mit dem KCanG bezweckte (Teil-) Entkriminalisierung erweist sich aber als Rohrkrepierer. Das Gesetz setzt die vom Gesetzgeber angemahnte Neubewertung des Risikos von Cannabiskonsum nicht um. Ausufernde Bußgeldtatbestände, anhaltender Verfolgungseifer der Polizei und eine Auslegung des Gesetzes gegen den ausdrücklichen Wortlaut der Gesetzesbegründung durch einige OLG und den BGH führen allenfalls zu einer graduellen Verbesserung gegenüber der Strafverfolgung nach dem BtMG.

Die AG wird einen Überblick zum Stand der Rechtsprechung geben (Berechnung der »nicht geringen Menge«, Strafzumessung im Vergleich zum BtMG, Verwertungsverbote in Encrochat-Fällen, divergierende Rspr. verschiedener OLG). Es sollen Verteidigungsstrategien entwickelt werden und Hinweise für erfolgreiche Revisionsrügen gegeben werden.

Die AG blickt auch über den juristischen Tellerrand hinaus:

Aus kriminologischer Sicht sollen die Perspektive der Konsumenten sowie die Wirkung der Neuregelungen auf den nationalen und internationalen Cannabismarkt beleuchtet werden und die rechtspolitische Debatte über die Weiterentwicklung des Rauschmittelstrafrechts fortgeführt werden.

Referent*innen::

  • RAin Dr. Katrin Hawickhorst, Verteidigerin in BtM-Verfahren (Hamburg)
  • Prof.in Dr.in Anke Stallwitz, Sozialpsychologin mit Arbeits- und Forschungsschwerpunkt zu Drogenszenen und Drogenpolitik in Schweden, Kanada, Deutschland und Großbritannien (Ev. Hochschule Freiburg)
  • RA Patrick Welke, Verteidiger in Tatsachen- und Revisionsverfahren (z.B. zu Encrochat-Verfahren), Heidelberg
  • Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbandes, Mitglied des drogenpolitischen Netzwerks ›Schildower Kreis

Moderation: RA Arne Timmermann, Hamburg

2 : Der Beweisantrag

Bereits am 13. Dezember 2019 ist das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens in Kraft getreten. Davon waren auch Änderungen im Beweisantragsrecht betroffen, wie z.B. die Legaldefinition eines Beweisantrages unter ausdrücklicher Erwähnung der Konnexität (§ 244 Abs. 3, S. 1 StPO) und der Umgang mit in Verschleppungsabsicht gestellter Anträge (§ 244 Abs. 6, S.2 StPO). Bereits zwei Jahre zuvor hatte der Gesetzgeber die sog. Fristenlösung in die StPO aufgenommen.

Aktuell hat der BGH mit Beschlüssen vom 19.12.23 (3 StR 160/22) und vom 10.01.24 (6 StR 276/23) die Voraussetzung der Fristsetzung gelockert. Damit hat sich der Strafverteidigertag zu beschäftigen. Es ist zu untersuchen, ob und gegebenenfalls welchen Einfluss die Änderungen auf den Strafprozess genommen haben. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, die angebliche Beweisantragsflut von Verteidigern einzudämmen. Gab und gibt es eine solche Flut überhaupt? Konnte der Gesetzgeber sein Ziel erreichen und werden seit der Änderung weniger Beweisanträge gestellt oder können sie gegebenenfalls durch die Richterschaft leichter und trotzdem rechtssicher abgelehnt werden? Inwieweit sind oder werden Beschuldigtenrechte beschnitten? Bedarf es einer weiteren Reform zur Verbesserung des Beweisantragsrechts? Und nicht zuletzt soll vermittelt werden, was einen guten Beweisantrag ausmacht.

Referent*innen:

  • LOStA Prof. Dr. Georg-Friedrich Güntge (stv. Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig-Holstein)
  • RA Dr. André Neumann, (Hamburg)
  • RiinBGH Dr. Sohre Tschakert (Karlsruhe)

Moderation: RAin Lena Alpay-Esch (Lübeck)

3 : »Im Namen des Algorithmus…« - Rechtsanwendung im Zeitalter der künstlichen Intelligenz

Bereits beim 44. Strafverteidigertag in Berlin hat sich eine Arbeitsgruppe mit den grundlegenden Fragen der Anwendung von künstlicher Intelligenz im Strafverfahren beschäftigt. Die Entwicklung ist stetig im Fluss und das, was vor kurzer Zeit noch als Fiktion erschien, erscheint immer mehr greifbar und Realität zu werden. Inwieweit wird die Rechtsprechung der Zukunft KI-basiert sein und sind Roboterverteidiger*innen das Modell der Zukunft?

In der Arbeitsgruppe werden drei aktuelle Forschungsbereiche vorgestellt, die für die Praxis der Strafrechtspflege und besonders für die Strafverteidigung von erheblicher Bedeutung sind.

Eignen sich einfache Standardfälle im Strafrecht aufgrund des schematischen Vorgehens und der Grenzen durch Geltung des Legalitätsprinzips und des Analogieverbots, um die technischen Möglichkeiten einer automatisierten Rechtsanwendung abzuklären? Damit beschäftigt sich Colin Carter, Universität Basel.

Mit der Frage der Teilrationalisierung von Strafzumessungsvorgängen durch KI setzt sich Linus Ensel, Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht Freiburg, kritisch auseinander.

Prof. Dr. Sabine Gless geht der Frage nach, ob traditionelle Strafrechtsdogmatik und bestehende Strafrechtspraxis überzeugende Antworten auf die Fragen geben, die sich heute beim Einsatz von KI-Systemen stellen.

RA Stefan Allgeier wird sich mit den Gefahren einer Entmenschlichung des Strafverfahrens auseinandersetzen und einen Ausblick auf das Strafverfahren von morgen werfen, in dem KI zunehmend das Strafverfahren beherrscht.

Referent*innen:

  • RA Stefan Allgeier (Mannheim)
  • Colin Carter (Universität Basel)
  • Linus Ensel (MPI Freiburg)
  • Prof. Dr. Sabine Gless (Universität Basel)
  • Moderation: RAin Anette Scharfenberg (Lörrach)
4 : Unternehmens- und Individualinteressen in Wirtschaftsstrafverfahren - Konflikte, Chancen, Strategien

In Wirtschaftsstrafverfahren prallen die Interessen von Beschuldigten, Unternehmen und Ermittlungsbehörden regelmäßig aufeinander. Die Verteidigung von Beschuldigten und die strafrechtliche Beratung von Unternehmen sind daher regelmäßig komplex. Dabei ist eine Vielzahl strafprozessualer und strategischer Fragen nach wie vor ungeklärt:

Wie weit reicht das Schweigerecht des Beschuldigten bei internen Untersuchungen?

Beschlagnahme- und Beweisverwertungsverbote bei internen Untersuchungen – was darf verwertet werden? Kooperation oder Konfrontation? – Welche (Verteidigungs-)Strategie ist für Beschuldigte und betroffene Unternehmen die Richtige? Welche Chancen und Probleme bietet die Sockelverteidigung? Wie ›wirksam‹ sind Amnestieprogramme? Welche Rolle spielt die Berichterstattung in den Medien für Beschuldigte, die Verteidigung und betroffene Unternehmen?

Diese und andere Fragen werden von Strafverteidiger*innen, strafrechtlichen Berater*innen von Unternehmen, Staatsanwält*innen und Vertreter*innen der Presse, die regelmäßig über entsprechende Verfahren berichtet, naturgemäß unterschiedlich beantwortet.

In der AG sollen die Sichtweisen der Beteiligten zunächst in Impulsreferaten dargestellt und sodann im Rahmen einer Podiumsdiskussion streitig – mit den Teilnehmer*innen der AG – diskutiert werden.

Referent*innen:

  • Melanie Bergermann, Investigativjournalistin (Handelsblatt).
  • RA Dr. Constantin Lauterwein, LL.M. (Berlin)
  • Oberstaatsanwältin Dr. Martina Müller-Ehlen (Frankfurt a. M.) – angefragt.
  • RA u. FAStR. Dr. Christian Schmitz (Köln)
  • Moderation: RA Felix Rettenmaier (Frankfurt a.M.)
5 : Sprachrohr Verteidigung – »Haben Sie Ihren Mandanten etwa nicht im Griff?«

Gibt es so etwas wie eine ›best practice‹ im Umgang zwischen Verteidigung und Beschuldigten? Wie weit dürfen (müssen?) wir uns mit eigenen Mandanten identifizieren, um das Ziel bestmöglicher Strafverteidigung zu erreichen? Welchen Blick haben andere am Strafverfahren Beteiligte auf das Gespann ›Strafverteidiger*in – Mandant*in‹? Diesen und anderen rechtlichen, aber auch verfahrenspraktischen Fragen will die AG aus unterschiedlichen Perspektiven nachgehen.

Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive wird beleuchtet, dass unser eigenes Rollenbild und hierbei der ›alte‹ Streit zwischen der Funktion als ›Parteiinteressenvertreter‹ einerseits und ›Organ der Rechtspflege‹ andererseits sich – modern verstanden – auch auf das Mandatsverhältnis auswirken. Zwischen Beistand in jeder Lage des Prozesses (§ 137 StPO) und objektivem Garant des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 3 EMRK) muss eine Balance gefunden werden.

Was geschieht aus psychodynamischer Sicht zwischen Anwälten und Mandanten? Konsequente Interessensvertretung, Langeweile oder hemmungsloses Ausagieren ungefilterter Affekte? Kontrollierte Beziehung oder Fegefeuer der Eitelkeiten? Wie gehen wir als Strafverteidiger*in mit Rettungsphantasien, öffentlichem Druck und ethischen Ansprüchen um?

Für das ›Funktionieren‹ eines Strafprozesses ist eine ›verlässliche Strafverteidigung‹ essentiell, die aus Sicht der Justiz eine Gewähr bietet, dass abgesprochene Zusagen auch eingehalten werden. Wie geht ein Gericht vor diesem Hintergrund mit dem ›Unsicherheitsfaktor Mandant*in‹ um, wenn es in der Hauptverhandlung ›Spannungen‹ im Anwalt-Mandanten-Verhältnis feststellt? Versteht sich das Gericht als ›Schiedsrichter‹ oder als ›Chef im Ring‹, wenn die Verteidigung ihren Mandanten nach Auffassung des Gerichts ›nicht im Griff‹ hat?

Unter Einbindung der Teilnehmer>*innen soll diskutiert werden, ob es ›red flags‹ gibt, die im jeweiligen Mandanteninteresse eine Beendigung des Mandats auslösen sollten, vielleicht sogar müssen.

Referent*innen:

  • VRiinLG Eva-Marie Distler (Landgericht Frankfurt am Main)
  • Dr. iur. Oliver Harry Gerson (Universität Passau)
  • RAin Juliane Kirchner (Augsburg)
  • Prof. Dr. Wilhelm Tophinke, Fa f. Psychiatrie und Psychotherapie (Hamburg)
  • Moderation: RA Markus Meißner (München)
6 : Sicherheit versus Freiheit – politischer Aktionismus statt evidenzbasierter Gesetzgebung?

Die aktuelle politische Situation ist geprägt von inflationär ausufernden Forderungen nach neuen Strafgesetzen und härteren Strafen zum Schutz der Gesellschaft bzw. einzelner Gesellschaftsgruppen. Beispielhaft seien hier genannt Rufe nach der Strafbarkeit des ›Catcalling‹, höhere Strafrahmen für Angriffe auf Politiker oder die Skandalisierung angeblich zu niedriger Strafen in Sexualstrafverfahren.

Das vermeintliche Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft soll durch härtere Strafen und neue Strafgesetze gestillt werden. Gänzlich außer Acht bleibt hierbei, dass das Strafrecht mit seinen gravierenden Eingriffen in die Rechte Einzelner immer nur die ultima ratio sein kann und darf. Gleichzeitig greift das Phänomen um sich, dass sich immer mehr Bevölkerungsgruppen ›vulnerabel‹ fühlen und zu ihrem Schutz nach staatlichen Regelungen rufen – mit der Folge, dass immer früher Freiheitsrechte eingeschränkt werden.

Die Ampelkoalition war – unter der Devise »Mehr Freiheit wagen« – mit der Maßgabe angetreten, eine »vorausschauende, evidenzbasierte und grundrechtsorientierte Sicherheits- und Kriminalpolitik« zu verfolgen. Was ist von diesem Anspruch übrig geblieben? Wie kann rechtspolitisch und in der Strafverteidigung dem Aktionismus entgegen getreten werden?

Referent*innen:

  • Prof. Dr. Ralf Kölbel (LMU München) (angefragt)
  • RAin Dr. Jenny Lederer (Essen)
  • Helge Limburg MdB, Rechtspolitischer Sprecher Bündnis90/Die Grünen
  • Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski (Universität Köln) (angefragt)
  • Moderation: RA Prof. Dr. Helmut Pollähne (Bremen)
7 : Mord und Totschlag – Abschied von moralisierenden Mordmerkmalen

211 StGB steht nicht nur wegen der im Wesentlichen aus der NS-Zeit stammenden auf der Tätertyplehre beruhenden Formulierung »Mörder ist wer …« in der Diskussion. Anlass für Kritik bietet vor allem die bei Verwirklichung eines Mordmerkmals nach dem Gesetz zwingend zu verhängende lebenslange Freiheitsstrafe.

Trotzdem ist es in der rechtspolitischen Diskussion zu Mord und Totschlag und der Frage einer Reform der Tötungsdelikte ist in der letzten Zeit sehr still geworden: Die vom damaligen Justizminister Maas im Jahre 2014 eingesetzte Expertenkommission zur Reform der Tötungsdelikte fiel der Diskontinuität zum Opfer. Der 2016 vorgelegte Referentenentwurf sah unter anderem vor, dass bei Annahme eines minder schweren Falls des Mordes die zwingende lebenslange Freiheitsstrafe entfallen sollte. An diesem Vorschlag scheiterte seinerzeit das Reformvorhaben.

Aktuell sieht der Referentenentwurf des BMJ lediglich eine sprachliche Anpassung der Strafvorschriften über die Tötungsdelikte vor, um die maßgeblich durch den 1941 im Reichsjustizministerium tätigen Roland Freisler in den Vorschriften der §§ 211, 212 zum Ausdruck gebrachte Tätertypologie sprachlich anzupassen. Die Rechtslage selbst soll nach Eckpunktepapier des BMJ aber nicht geändert werden.

In der Arbeitsgruppe sollen die praktischen Probleme im Zusammenhang mit der Anwendung des § 211 StGB diskutiert und überlegt werden, wie eine Reform aussehen sollte. Im Fokus stehen dabei insbesondere die Fälle in denen eine unverhältnismäßige Diskrepanz zwischen Tatkontext und Tatmodalität- wie zum Beispiel in den Haustyrannenfällen – besteht.

Mit Berichten aus der Praxis durch Strafjustiz und Strafverteidigung soll die Problematik durchleuchtet werden. Vorgestellt und diskutiert werden soll weiter ein vom Strafrechtsausschusses des DAV vorgeschlagenes Regelungsmodell, das die rechtliche Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag beibehält.

Die Vorstellung des Forschungsprojektes der Vereinigung Hessischer Strafverteidiger*innen »19 Jahre verwahrt – abgeschoben – gestorben, der Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe in Deutschland« wird einen Einblick in die praktische Realität des Vollzuges der lebenslangen Freiheitsstrafe geben.

Referentinnen und Referenten:

  • VorRi’inLG Dr. Anke Wagener (LG Frankfurt am Main) (angefragt)
  • Prof. Dr. Annette Grünwald (Uni Jena und Mitglied der Expertenkommission zur Reform der Tötungsdelikte 2014/2015) angefragt
  • RA Prof. Dr. Bernd Müssig (Strafrechtsausschuss DAV) zur Vorstellung des Reformvorschlages
  • RA Thomas Scherzberg (Frankfurt am Main) (angefragt) 
  • RAin Dr. Kersten Woweries (Berlin) 
  • Moderation: RAin Astrid Aengenheister (Bonn)
8 : Die Polizei als Herrin des Verfahrens
Die Polizei als Herrin des Verfahrens?! – Die Polizei hat viel Macht und macht … – was sie will! In letztlich jedem Strafverfahren spielen Polizeibeamt:innen und deren Tätigkeit eine bedeutende Rolle; vom Verfassen der Strafanzeige, der Auswahl der Beweismittel und Würdigung des Sachverhalts im Schlussbericht bis zur Teilnahme an der Hauptverhandlung als Zeug:innen. Nicht selten agiert der Polizist dabei als Ermittlungsbeamter, Staatsanwalt, Sachverständiger und Richter in gefährlicher Personalunion – der Abschlussbericht wird zur Anklage, die Beweiswürdigung wird dann in der Hauptverhandlung regelmäßig nur noch aus der Akte abgefragt und gewürdigt. Der Polizei kommt dabei die Rolle des Gatekeepers zum Rechtsstaat zuteil: Wir wollen uns die Frage stellen, welche Möglichkeiten die Verteidigung im Strafverfahren hat, um dieses Tor offen zu halten. Wie lässt sich schon im Ermittlungsverfahren auf ein Gleichgewicht aus be- und entlastenden Beweismitteln hinwirken, wie können wir erreichen, dass eine vorverlagerte Würdigung nicht stattfindet oder diese zumindest verobjektivieren? Bietet der Polizei-Zeuge in der Hauptverhandlung der Verteidigung vielleicht auch Chancen oder wird die Justiz hier an der Leine geführt, insbesondere wenn diese auch noch den Schritt vom Polizei-Zeugen zum Polizei-Sachverständigen geht und damit die vorverlagerte Beweiswürdigung auch auf dieser Ebene manifestiert.

Referent*innen:

  • Horst Arnold, MdL Bayern (zuvor StA & RiAG)
  • Rafael Behr, Prof. i.R., vorm. Akademie der Polizei Hamburg
  • Oliver Huth, Bund Deutscher Kriminalbeamter, Landesvorsitzender NRW, LKA NRW
  • VRi‘inLG Kristin Klimke (Berlin)
  • Moderation: RAin Ria Halbritter (Berlin)
Zusätzliche Veranstaltungen Samstag, 29. März, im Anschluss an die Arbeitsgruppen
Zur Situation der Strafverteidigung in Russland  
Schlussdiskussion Sonntag, 30. März 2025, 10.00 – 12.30 Uhr Wie ›resilient‹ ist die Justiz gegenüber politischer Einflussnahme?

Die Resilienz des Bundesverfassungsgerichts als »Bollwerk der liberalen Demokratie« und »Schutzschild der Grundrechte« soll gestärkt werden – hier sind sich die demokratischen Parteien einig und wollen entsprechende Gesetzesänderungen auf den Weg bringen, um damit die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Gerichts im Grundgesetz direkt abzusichern. Doch wie ist es um die Strafgerichte bestellt? Anfang dieses Jahres wurden rund 60.000 neue Schöffen an deutsche Gerichte berufen, deren Stimme genauso viel zählt wie die der Berufsrichter*innen. Im Vorfeld der Wahlen hatten insbesondere politische Parteien des rechten Randes ihre Unterstützer*innen dazu aufgerufen, sich für das Schöffenamt zu bewerben. Auch gehen in den kommenden zehn Jahren 50 Prozent aller Richter*innen in Thüringen in den Ruhestand, die Besetzung von Richterwahlausschüssen sind mit einer Zweidrittel-Mehrheit vom thüringischen Parlament zu wählen, also aktuell nicht mehr ohne Stimmen der AfD. Das wirft Fragen auf:

  • Wer wird in Zukunft Richter*in?
  • Besteht die Gefahr der Politisierung der Beweiswürdigung und Urteilsfindung?
  • Gibt es die Gefahr verdeckter politischer Kampagnen?
  • Wie kann man diesen Gefahren begegnen?
  • Gibt es einen effektiven Schutz der (Straf-)Gerichte bei nach wie vor fehlender Dokumentation der Hauptverhandlung und dem bestehenden Prinzip der freien Beweiswürdigung?

Wir wollen diskutieren, welche Gefahren von Schöffen und Schöffinnen als mögliche Urheber verdeckter politischer Kampagnen ausgehen und wie dieser Gefahr sinnvollerweise begegnet werden kann. Besprochen werden soll auch ein aktueller Gesetzentwurf der vorsieht, dass ein Gericht als fehlerhaft besetzt gilt, wenn eine Schöffin die Verfassung ablehnt (https://dserver.bundestag.de/btd/20/087/2008761.pdf). Dies sind nur einige Fragen, die wir gern aus den Blickwinkeln von Anwaltschaft, Strafjustiz, Rechtswissenschaft, Politik und Journalismus auf dem Podium diskutieren möchten.

Der 46. Strafverteidigertag wird unterstützt von der Juristischen Fakultät der Ruhr Universität Bochum.

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Programm

 

Freitag, 28. März 2025   Audimax der Ruhr-Universität-Bochum

  • 17.00 Uhr Anmeldung und Akkreditierung 
  • 18.30 Uhr: Eröffnung und Begrüßung
  • Eröffnungsvortrag: Prof. Dr. Tobias Singelnstein 
  • im Anschluss Empfang für die Gäste & Teilnehmer*innen des Strafverteidigertages

 

Samstag, 29. März 2025 Ruhr-Universität-Bochum : Veranstaltungszentrum & HZO

  •  9.00 – 12.30 & 14.00 – 17.00 Uhr Arbeitsgruppen
  • 17.15 Uhr: Historischer Vortrag
  • 18.00 Uhr: Veranstaltung zur Verfolgung der Anwaltschaft in Russland

Sonntag, 30. März 2025 Audimax der Ruhr-Universität-Bochum

  • 10.00 – 12.30 Uhr Schlussdiskussion Wie ›resilient‹ ist die Justiz gegenüber politischer Einflussnahme?

Teilnahmegebühr 46. Strafverteidigertag 2025

  • Mitglieder: 390 € (327,73 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 62,27 €)
  • Nichtmitglieder: 590 € (495,80 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 94,20 €)
  • Junge Kolleg*innen: 250 € (210,08 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 39,92 €)
  • Student*/Referendar*innen 100 € (84,03 € zzgl. 19% USt.i.H.v. 15,97 €)

Mitglieder sind alle Mitglieder der ausrichtenden Strafverteidigervereinigungen. Der Tagungspreis umfasst die Veranstaltung, ausführliches Material sowie den Ergebnisband im Nachgang der Tagung. Anreise, Unterkunft und Verpflegung außerhalb der Kaffeepausen am Samstag sind im Tagungspreis nicht inbegriffen. Für die Abendveranstaltung, die in der Verantwortung der gastgebenden lokalen Vereinigung liegt, können ggfs. gesonderte Teilnahmegebühren erhoben werden. 

Tagungsort

Der 46. Strafverteidigertag findet statt an der Ruhr-Universität-Bochum (RUB) – und damit zum ersten Mal in diesem Jahrtausend im Ruhrgebiet. Die RUB liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums, ist aber mit der U-Bahn Linie 35 (Campuslinie) in 10 Minuten von Bochum Hauptbahnhof erreichbar. Die U35 fährt im 5-Minutentakt. (Fahrplaninformationen finden Sie hier: https://www.vrr.de/de/fahrplan-mobilitaet/fahrplanauskunft/app/trip?lng=de&trip=multiModalitySelected%3Dpt)

Kinderbetreuung

Samstag (9.00 – 18.00 Uhr) Sonntag (10.00 – 12.30 Uhr) Altersgruppe: 1 – 12 Jahre Anmeldung bis spätestens: 15. Februar 2025

Teilnehmer*innen haben die Möglichkeit, ihre Kinder auf dem Strafverteidigertag betreuen zu lassen, um an den Programmpunkten teilnehmen zu können. Die Betreuung wird für Kinder im Alter von 1 Jahr bis 12 Jahren angeboten und ist für angemeldete Teilnehmer*innen kostenfrei. Die Betreuung findet statt am Samstag während der Arbeitsgruppen (9.00 – 17.30 Uhr) sowie am Sonntag während der Schlussveranstaltung (10.00 – 12.30 Uhr). Am Samstag erhalten die Kinder ein Mittagessen (inkl. Wackelpudding). Voraussetzung ist eine frühzeitige verbindliche Anmeldung. Bitte melden Sie Ihren Betreuungsbedarf so früh wie möglich, spätestens aber bis zum 15. Februar an.

Unterkunft

Für Ihre Unterkunft müssen Sie selbst Sorge tragen. Um Ihnen die Suche nach einer geeigneten Unterkunft zu erleichtern, haben wir in ganz Bochum Zimmerkontingente in Hotels und Herbergen reserviert, auf die Sie über eine eigens dafür eingerichtete Buchungsseite zugreifen können. Bitte nutzen hierfür den folgenden Button.

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