Ein Tagungsbericht von Patrick Welke
Am 16. Februar 2024 fand an der Goethe Universität in Frankfurt am Main das 2. Symposium zum Betäubungs- und Arzneimittelstrafrecht statt. In der zweiten Ausgabe nach 2016 beschäftigte sich das Symposium mit aktuellen Themen, vorwiegend aus dem Betäubungsmittelstrafrecht. In den Grußworten bekräftigten der Schirmherr der Veranstaltung Prof. Dr. Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu und Gastgeber Prof. Dr. Matthias Jahn die Absicht, das Symposium in Zukunft regelmäßiger abzuhalten.
Im Anschluss gab es eine Videobotschaft des Bundesdrogenbeauftragten Dr. Burkhard Blienert. Diese betonte die Wichtigkeit eines wissenschaftlichen Austauschs zum Betäubungsmittelrecht und fasste die aktuelle drogenpolitische Agenda der Regierung zusammen. Daran anschließend war der Leiter des Stabs des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung Dr. Jörg Pietsch per Videokonferenz zugeschaltet. Er erläuterte die Arbeit des Drogenbeauftragten anhand aktueller Projekte, wie z.B. dem Drug-Checking. Im Hinblick auf das geplante Cannabisgesetz zeigte er sich zuversichtlich, dass es im Bundestag in der Folgewoche eine Mehrheit für das Gesetz geben würde. Auch rechne man damit, vom Bundesrat nicht blockiert zu werden. Die dann geplante Säule Zwei im Rahmen der Cannabisgesetzgebung solle im Anschluss ebenfalls schnell umgesetzt werden.
Das erste Panel unter dem Titel ›CanG – Fluch oder Segen?‹ widmete sich dann ganz dem geplanten Cannabisgesetz. Zunächst referierte Dr. Sebastian Sobota unter dem Titel ›Her mit der zweiten Säule! – Das KCan von seiner hässlichen Seite‹. Er informierte zunächst über die Strafvorschriften des neuen KCanG, um das Gesetz im Anschluss im Hinblick auf Legitimationslücken, dem möglichen Schutzgut der Strafvorschriften und den Strafrahmen einer kritischen Einordnung zu unterziehen. Er forderte eine kurzfristige Umsetzung der geplanten zweiten Säule, mittelfristig eine deutliche Nachbesserung im KCanG sowie einen langfristigen Paradigmenwechsel in Form einer Reform des BtMG. In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere die Festsetzung der neuen nicht geringen Menge bei Cannabis thematisiert. Hierbei äußerte RiBGH Dr. Helmut Kreicker, dass man beim BGH nicht gerade glücklich darüber ist, dass der Gesetzgeber die Bestimmung weiterhin der Rechtsprechung überlässt.
Unter dem Titel ›Das MedCanG im Schatten der Legalisierung –Arzneimittelregulierung oder BtMG light?‹ widmete sich Dr. Justine Diebel dem im Rahmen der Cannabisgesetzgebung etwas stiefmütterlich behandelten MedCanG. Insbesondere kritisierte sie dabei die vorgenommene Sonderregelung für medizinisches Cannabis anstelle einer Implementierung in das Arzneimittelgesetz sowie die weiterhin bestehende umfangreiche Kriminalisierung im Bereich des MedCanG.
Nach der Mittagspause folgte dann das zweite Panel unter dem Leitthema ›Das täglich Brot – aktuelles Betäubungsmittelstrafrecht‹. Hier gab zunächst RiBGH Dr. Helmut Kreicker anhand konkreter Entscheidungen Einblicke in die Rechtsprechung des 3. Strafsenats zum Betäubungsmittelstrafrecht.
Insbesondere standen dabei die diversen Fallgestaltungen im Bereich der Konkurrenzen und das Einziehungsrecht im Mittelpunkt. RiBGH Dr. Kreicker äußerte dabei auch Kritik an der gesetzgeberischen Erweiterung im Bereich der Einziehung.
Unter der Überschrift ›Verteidigung von und gegen Kronzeuginnen – immer noch ein Pulverfass?‹ referierte Dr. Jenny Lederer anschließend zu einer äußerst praxisrelevanten prozessualen Situation bei der Verteidigung im Betäubungsmittelstrafrecht. In einem anschaulichen Vortrag, unter anderem mit Zitaten aus dem Film ›Killers of the Flower Moon‹, brachte Frau Dr. Lederer ihre fundamentale Kritik an der Verwendung von Kronzeugen im Strafverfahren zum Ausdruck. In der anschließenden Diskussion wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, warum im Wirtschaftsstrafrecht die Rolle als Kronzeugen offenbar weniger verpönt wird.
Im letzten Panel nach der Kaffeepause standen dann Neuerungen und aktuelle rechtspolitische Baustellen jenseits von Cannabis auf dem Programm. Die Vorsitzende Richterin am LG Susann Wettley behandelte das Thema ›Reform des Maßregelvollzugs und Auswirkungen auf die Sanktionspraxis in BtM-Sachen – erste Gehversuche‹. Die Reform des § 64 StGB wurde dabei einer grundlegenden Analyse unterzogen und die Rechtsprechung zu den Auswirkungen dargelegt. Insbesondere die von verschiedenen Oberlandesgerichten nunmehr legitimierte Erledigungserklärung über § 67d Abs. 5 StGB für Altfälle unter Anwendung der neuen Gesetzeslage stieß insbesondere bei den anwesenden Strafverteidigern auf Kritik.
Zum Abschluss befasste sich Prof. Dr. Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu mit der Möglichkeit der niedrigschwelligen Substitution. Er legte die Unterschiede zwischen der Regelsubstitution und der niedrigschwelligen Substitution dar und kam in einer umfassenden Analyse der geltenden Rechtslage zum Fazit, dass eine niedrigschwellige Substitution mit den Regelungen des BtMG und der BtMVV bereits jetzt in Einklang zu bringen ist.
Insgesamt behandelte das Symposium zahlreiche aktuelle Themen aus dem Bereich des Betäubungs- und Arzneimittelstrafrecht. Insbesondere im Hinblick auf das inzwischen verabschiedete Cannabisgesetz erscheint eine schnelle und regelmäßige Wiederholung des Symposiums zur Analyse der Fortentwicklung des Rechts und der praktischen Auswirkungen wünschenswert. Die Veranstalter kündigten an, zeitnah die 3. Ausgabe des Symposiums vorzubereiten.
DROGEN|RECHT | Heft 0 | Januar 2025 | Tagungsbericht | Autor*in: Patrick Welcke