Beginn: 18.00 Uhr / Dauer: ca. 2,5 Stunden
mit:
Rechtsanwältin Dr. Carolin Arnemann, München
Dr. Oliver Gerson, Universität Passau
StA (als Gruppenleiter) Daniel Meindl, München
Moderation: Rechtsanwalt Daniel Amelung, München
Der Gesetzgeber hat sich nach kreativen Wortschöpfungen wie dem ›Gute-Kita-Gesetz‹ und dem ›Starke-Familien-Gesetz‹ zum 21.12.2021 das ›Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit‹ ausgedacht. Hier wie da soll der Name das Ziel vorwegnehmen. Allein: Schon der Name offenbart hier, dass die Mütter und Väter dieses Gesetzes kein Verständnis vom Strafprozess hatten, der immer nur eine prozessuale, aber gerade keine ›materielle‹ Wahrheit zu Tage fördert – die zwar ein Ziel (so das BVerfG Urt. v. 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10), aber eben gerade nicht das Ergebnis eines Strafverfahrens sein kann.
Gleichwohl hat der Gesetzgeber – grundsätzlich ein hehres Ziel, das auch mancher Richter noch vorgeblich zu erreichen sucht – sich vorgenommen, mit seinem ›Gute-Gerechtigkeit-Gesetz‹ in vermeintlich ›sicheren‹ Fällen die Herrschaft über die materielle Wahrheit zu erlangen und dafür den bislang geltenden Verfassungsgrundsatz ne bis in idem aufgeweicht. Wird der Angeklagte – wie Gerson es formuliert – zum Objekt eines entfesselten staatlichen Strafbedürfnisses (zumal das Strafverfahren in den Fällen des § 362 Nr. 5 StPO angesichts der fortschreitenden wissenschaftlichen Entwicklung kein Ende für den Freigesprochenen mehr findet)?
Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind vielfältig (vgl. etwa Arnemann, NJW-Spezial 2021, 440; dies., StraFo 2021, 442; Gerson, StV 2022, 124), die Stimmen in der Literatur entsprechend kritisch.
Das Podium wird besetzt mit Stimmen aus der Anwaltschaft, Wissenschaft und Staatsanwaltschaft und wird ein breites Meinungsspektrum abdecken.
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